Montag, 31. August 2015

Wege in den Frieden

Unfrieden scheint es derzeit überall zu geben. Die Nachrichten sind voll von Kriegen, Übergriffen, Konflikten. Irgendwo kämpft derzeit immer noch irgendwer gegen irgendwen oder irgendwas. Aber das nicht nur in Politik und Wirtschaft, in Ländern oder Staaten, sondern auch im kleinen Rahmen, in Familien, in Firmen, in Partnerschaften, in der Nachbarschaft, in Vereinen. Oft haben viele das Gefühl, an all dem Krieg und dem Kampf nichts ändern zu können, Opfer der äußeren Umstände zu sein. Die, die „eigentlich“ nichts mit dem Konflikt zu tun haben, fühlen sich hilflos und werden wütend auf die, die den Konflikt austragen, „angefangen“ haben, nicht beenden, auf die, die anscheinend nichts tun, aber etwas tun könnten. Und schon entstehen neue Konflikte wegen der Konflikte, weil „die anderen“ etwas ändern müssten, weil „die anderen“ nichts tun oder nicht das Richtige tun.

Doch das ist weit gefehlt. Es ist falsch, dass „die anderen“ etwas tun müssten. Jeder kann dazu beitragen, dass Frieden in der Welt einkehrt, jeder sollte das sogar. Jeder Konflikt, jede Aussage, jede Situation, die dich unangenehm berührt, hat etwas mit dir zu tun und verlangt nach Heilung. Niemand macht dich wütend. Der andere zeigt dir nur, dass diese Wut bereits seit langem in dir ist.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Frieden im Außen, in der Welt, nur möglich ist, wenn Frieden im Innen herrscht und zwar bei einem jeden von uns.

Somit kann wirklich jeder etwas zum Frieden beitragen, wenn er Frieden in sich selbst erschafft. Denn wenn jeder den wahren Frieden in sich selbst gefunden hat, dann gibt es keinen Grund mehr für Konflikte, Angriffe, Übergriffe. Die Anzahl derer, die noch glaubt, etwas von anderen haben zu müssen, etwas zu brauchen, weil sie es sich selbst nicht geben können, wird immer kleiner und irgendwann ganz verschwunden sein.

Doch schauen wir uns an, was ich damit meine.

Jeder einzelne zählt


Wir alle haben ein Individualbewusstsein. Jeder von uns hat Überzeugungen, wie er glaubt, dass die Welt funktioniert, wie die anderen sind oder zu sein haben, wer seiner Meinung nach gut oder schlecht ist, wie die Dinge zu laufen haben, was geht oder eben nicht geht.

All dieses Gedankengut wird in Form von Energie in die Welt geschickt und manifestiert sich als unsere Realität. Umso mehr Menschen ähnliches Gedankengut haben, umso dichter wird die Energiewelle und umso deutlicher zeigen sich die Überzeugungen in der Realität.

Wenn also ganz viele glauben, dass die Welt schlecht ist und man immer auf der Hut sein muss, dass man niemandem trauen kann, dass nichts sicher ist im Leben, dass das Böse überall lauert und es immer eine Macht gibt, der man sich unterordnen muss, dass das Gute nie lange weilt und immer von Schlechtem abgelöst wird, dann muss das Leben solche Situationen liefern, in denen genau das bestätigt wird, weil wir nun mal unser Leben selbst erschaffen. Meine Gedanken schaffen meine Wirklichkeit. Die gleichen Gedanken von vielen, erschaffen die Wirklichkeit von vielen. Ich selbst erzeuge mein Leben und das Kollektiv erzeugt das Leben vom Kollektiv.

Nun stell dir vor, was passiert, wenn immer mehr merken, dass Gedanken Realität erschaffen und die Verantwortung für ihr Denken übernehmen und achtsamer, positiver denken? Eine Studie besagt, dass es nur ca. 8500 Personen auf der Welt braucht, die das gleiche denken, um eine Veränderung für die ganze Welt zu erschaffen.

Wenn du also etwas für Frieden tun willst, dann sei eine von diesen 8500 Personen, die Frieden in sich selbst macht und damit den Frieden in der Welt ein Stück vorwärts bringt. Wir sind mächtiger als die meisten denken. Bringen wir den Stein ins Rollen...
(mehr zu dieser Theorie findest du hier: https://www.sein.de/kritische-masse-10-prozent-fuer-ein-neues-paradigma/ und hier: http://www.pierre-franckh.de/tipps/uebungen/detail/id:3723/group:63 und hier: http://www.karingreitemann.com/meditation-fuer-frieden/)

Und wie geht das nun, Frieden in sich selbst machen?

1. Sei gnadenlos ehrlich zu dir selbst

Beobachte dich viel und ganz aufmerksam.

Wie sprichst du selbst mit dir, z. B. wenn dir etwas misslingt, wenn du dich aufmerksam im Spiegel betrachtest (am besten nackt), wenn du ein Kompliment bekommst?

Gehst du hart mit dir ins Gericht? Beschimpfst du dich, weil dir wieder ein Missgeschick passiert ist? Widerst du dich selbst im Spiegel an, weil da zwei Kilo zu viel sind, der Po zu groß, die Falten zu viel, Tränensäcke und graue Haare da sind oder dir gar ein Versager gegenübersteht? Kannst du Komplimente dankend annehmen und glauben, dass der andere es ernst meint, oder bist du sofort dabei, das Kompliment zu entkräften und runterzuspielen, weil es ja gar nicht sein kann, dass er dich wirklich hübsch findet, dich mag?

Du kämpfst gegen dich selbst, liebst dich nicht so wie du bist, bist nicht im Frieden mit dir und deinem Sein.

Wenn du mit dir schon so hart ins Gericht gehst, wie sieht es denn dann mit den Ansprüchen und Anforderungen aus, die du anderen gegenüber hast? Was denkst du wirklich über die Reichen, die Mächtigen, die Politiker, die Nachbarn, die Schwiegermutter, die Eltern, Ausländer, die Armen, die Verbrecher, die Faulen, die Schmarotzer, die Arbeitslosen, die Wütenden, die Gewalttätigen, die Dicken, die Genießer?

Sei wirklich ehrlich zu dir selbst und schreibe am besten alles, was dir dazu einfällt, unzensiert auf. Schreibe, ohne Rücksicht auf Verluste und finde heraus, was es wirklich in dir denkt, welche tiefsitzenden Überzeugungen vorhanden sind, die jeden Tag deine Realität erschaffen. Nur, wenn du weißt was du tust, kannst du es ändern.


2. Finde heraus, welche Gefühle das alles in dir auslöst

Am besten schreibst du auch auf, welche Gefühle dein Spiegelbild, deine Missgeschicke, die anderen in dir auslösen, Menschen oder Gruppen, die du ablehnst, nicht magst, die dich auf die Palme bringen. Fühlst du dich in ihrer Nähe klein, ohnmächtig, wütend, unfähig, hilflos, ausgeliefert, einsam, ungeliebt, ignoriert, schwach, nicht gesehen, nicht wertgeschätzt, ungerecht behandelt, übergangen, bevormundet, nicht dazugehörig, zu kurz gekommen, benachteiligt, hast du Verlustängste? Was solltest du besser machen, nicht machen, viel mehr machen? Bist du deiner Meinung nach zu dick, zu unordentlich, zu nachlässig, zu nett, zu unsportlich, zu dumm, zu sehr Mittelmaß, zu ungeschickt, zu schüchtern, zu unscheinbar, zu laut, zu unnormal, zu empfindlich, zu weich, zu giftig, zu unwichtig, zu ohnmächtig?

Nicht die äußeren Umstände, deine Umstände oder die Menschen an sich sind das "Problem", sondern das, was sie in dir auslösen, was sie dir zeigen und spiegeln. Sie legen den Finger in deine tiefsten, verborgensten Wunden und zeigen dir, dass diese noch da sind und geheilt werden wollen. Niemand macht dich wirklich wütend, sondern er holt die Wut in dir hervor, die eh schon da war. Niemand kann dich verletzen, sondern dir nur zeigen, dass da schon eine Verletzung war. Das ist der wahre Hintergrund, warum du manche Menschen und Situationen nicht magst. Es sind die Gefühle, die in dir hochgeholt werden und die du nicht haben willst, es sind die Anteile, die du an dir nie haben wolltest und die dir da vor Augen geführt werden.

Meist findest du den Auslöser in deiner Kindheit. Kennst du die aufgespürten Gefühle aus Situationen von früher? Hast du dich oft im Umgang mit deinen Eltern so gefühlt? Ohnmächtig, übersehen, unfähig, unsicher, etc.? Wie haben deine Eltern oder dir wichtige Bezugspersonen über die Menschen und Gruppen gedacht, die dich heute triggern? Findest du Parallelen? Magst du manche Wesenszüge vielleicht nur nicht, weil deine Eltern dir beigebracht haben, dass man so nicht ist? Faul, dick, laut, unhöflich, vorlaut, fordernd, aufdringlich, wütend?


3. Negative Gefühle und abgelehnte Anteile integrieren, annehmen, lieben

Nimm alles wahr, was an Gefühlen in dir hochgeholt wird, nimm alles wahr, was du nicht an dir haben möchtest, wie man nicht sein darf. Und dann erlaube dir genau das. Öffne dich für den Gedanken, dass du doch faul sein darfst, dass du auch schwach sein darfst, dass du dich klein fühlen darfst, unhöflich etc. sein darfst. All das ist völlig in Ordnung. Du musst dich nicht ständig dafür entscheiden und du musst nicht die Wahl treffen, das immer zu sein, aber du darfst es auch mal sein und musst nicht weiter dagegen ankämpfen. Tut das gut, dir diese Erlaubnis selbst zu geben?

Für wahren Frieden in deinem Inneren darfst du dir noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass alles und jeder, jedes Gefühl und jede Eigenschaft, jeder Wesenszug seine Berechtigung hat. Nichts ist besser oder schlechter als das andere. Alles ist. Die Wertung geben wir.

Ohnmacht, Wut, Angst, Mangel, Neid, Kleinheit, Schuld, Scham all diese Gefühle wollen einfach nur da sein und endlich fließen dürfen. Sobald du sie anerkennst und nicht mehr ablehnst, sie wohlwollend fühlst und damit in Fluss bringst, werden dir automatisch weniger Situationen "geliefert", die dich daran erinnern, dass du diese Gefühle noch nicht angenommen hast, die sie immer wieder in dir hochholen. Die Begebenheiten, in denen du auf Menschen oder Situationen triffst, in denen du wütend wirst, du dich ohnmächtig fühlst, usw. werden weniger und irgendwann ganz verschwinden. Jeder Streit, jeder Konflikt, jede Meinungsverschiedenheit ist eine Bitte von deinen Gefühlen, sich ihnen endlich zu widmen. Nutze die Chance!


4. Das innere Kind mit allem versorgen, was es braucht

Oft haben wir Konflikte mit anderen, weil wir glauben, dass sie uns gegenüber verpflichtet sind, dass sie uns etwas geben müssen, für uns sorgen müssen, uns versorgen müssen mit Liebe, mit Aufmerksamkeit, mit Geld, mit Zuwendung, eigentlich mit allem, mit dem wir als kleine Kinder nicht genügend versorgt wurden. Diesen Mangel, den wir in Kindertagen erlebt haben, nehmen wir mit in unser Erwachsenenleben und glauben, dass der Partner, die Regierung, der Chef, die Freundin, der Freund, das Haustier nun dafür zuständig ist, uns all das zu geben. Das ist ein Trugschluss, denn niemand sonst, außer wir selbst, ist dafür verantwortlich, dass es uns gut geht. Wir mögen in der Kindheit eine emotionale Unterernährung erfahren haben, ein zu wenig an Zeit, Liebe und Aufmerksamkeit, aber niemand sonst, außer wir selbst können uns nun damit versorgen. Diese Forderungen sorgen oft für den größten Unfrieden, denn wir wollen etwas von unseren Mitmenschen, das sie uns gar nicht geben können und meist auch gar nicht wollen. Fordern wir es doch, dann führt das meist du Streit und Unstimmigkeiten. Zu Recht, denn welche Last ist das, ständig dafür sorgen zu müssen, dass es dem anderen gut geht? Niemand kann das auf Dauer leisten, ohne selbst dabei vor die Hunde zu gehen.

Auf Grund dieser Mangelerlebnisse in der Kindheit haben wir auch gelernt, dass wir vom Leben eben nicht immer versorgt werden, dass wir zusehen müssen, wo wir selber bleiben. Hier sind unsere hinderlichen Überzeugungen über das Leben entstanden. Wir können es deswegen vielleicht nicht gut haben, wenn da plötzlich andere stehen, wie z. B. Flüchtlinge, die uns augenscheinlich etwas wegnehmen, was doch eigentlich uns zusteht. Diese Mangelerlebnisse von damals haben uns in den Grundfesten unseres Urvertrauens erschüttert und uns gelehrt, dass nicht genug von dem da ist, was wir zum Leben so dringend brauchen. Und dabei ist es doch so, dass wir versorgt werden, wenn wir nur glauben können und begreifen, dass es möglich ist, wenn wir wieder Vertrauen in das Leben und in uns selbst aufbauen, wenn wir uns wieder tief in Mutter Erde verankern und uns tragen lassen.

Versorge nun dein inneres Kind mit allem, was es noch braucht. Du bist in der Lage dazu. Nimm ihm all die Ängste, nimm ihm den Druck und die Last von der viel zu früh eingeforderten Verantwortung. Sage ihm, dass auf dieser Welt genug für alle da ist, erzähle ihm von der Fülle, die unbegrenzt jedem zur Verfügung steht. Mach ihm und dir selbst bewusst, dass sich vom Ozean des Überflusses jeder so viel nehmen kann, wie er braucht und damit niemandem etwas wegnimmt, sondern immer genug für jeden da ist.

Dein inneres Kind braucht dich, damit Frieden in dir entstehen kann.

(Ein Fallbeispiel, wie eine Heilreise zum inneren Kind aussehen kann, findest du in diesem Artikel: "Die Heilung des inneren Kindes - ein Praxisbericht". Einen Bericht darüber, wie sehr uns die Kindheit als Erwachsene noch beeinflussen kann, findest du hier: "Wie die Kindheit in uns nachwirkt".)


5. Vom Opfer zum Schöpfer

Komm raus aus der Opferrolle und nimm dein Leben wieder selbst in die Hand. Werde dir bewusst, dass du dein Leben mit allen Umständen selber erschaffst. Nimm immer wieder dein Umfeld als nützlichen Spiegel, um zu ergründen, welche Überzeugungen in dir vorhanden sind, welche Wunden noch geheilt werden wollen, welche Anteile und Gefühle noch verdrängt werden. Schau immer wieder bewusst die Situationen an, die dich triggern, die negative Gefühle in dir hochholen und sei dir sicher, dass dir nichts widerfährt, was nicht auch etwas mit dir zu tun hat. Du bist immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Nichts geschieht umsonst, zufällig oder ohne deinen Anteil.

Wenn du verstanden hast, dass das Außen nur ein Spiegelbild deines Inneren ist, dann bist du wieder in deiner Macht und kannst alles verändern, was zwickt und drückt, indem du dein Innerstes änderst, heilst, neu sortierst.

Komm zurück zu dir und wisse, dass Frieden im Außen durch Frieden in dir selbst entsteht. Umso mehr Menschen sich dessen bewusst werden und anfangen in sich Frieden zu machen, umso friedlicher wird die Welt um uns herum werden. Wenn alle begriffen haben, dass genug für jeden da ist, wenn alle begriffen haben, dass nicht die äußeren Umstände, die Eltern, der Chef oder sonst wer schuld an ihrem Leben sind, dann kehrt Frieden ein, denn niemand fordert etwas vom anderen, wenn er weiß, dass er es sich nur selbst geben kann. Niemand muss einen anderen unterdrücken, weil er weiß, dass er keine Gefahr für ihn darstellt. Niemand muss rauben, stehlen, betrügen, morden, wenn er weiß, dass er selbst sein Leben gestalten kann, wenn er sich selbst glücklich und zufrieden gemacht hat.

Fang also bei dir selbst an, Frieden zu machen und du bist die wertvollste Veränderung für diese Welt. Wir können alle dazu beitragen, dass sich Frieden ausbreitet. Jetzt!


Herzensgrüße von mir!
Anja


PS: Ein ganz präzises Beispiel für Frieden mit bestimmten Personen, in dem Fall die Eltern, findest du in meinem Blogartikel "Frieden mit den Eltern". Dieses Prinzip funktioniert auch bei allen anderen Menschen, Gruppen und Umständen, mit denen du nicht im Frieden bist.


Foto: Anja Reiche
Steinkreation: Silvia Annelie Cleveland